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Tieflochbohren

Tieflochbohrungen sind in der Regel Bohrungen mit einer Tiefe größer als dem Siebenfachen des Bohrungsdurchmessers. Diese werden meist als Kanäle für Medien oder Kabel jeglicher Art (z.B.: Öl, Kühlmittel, Luft usw. in Kurbel- und Getriebewellen) oder zur Gewichtsverringerung von Werkstücken (z.B.: in Nockenwellen oder Flugzeuglandebeine) eingebracht. Langauskragenden Bohrern muss aufgrund der geringen Biegesteifigkeit notwendigerweise eine Führung geben werden, um ein Verlaufen des Bohrers zu verhindern. Dazu wird mit dem zwei- bis dreifachen des Bohrdurchmessers entsprechend pilotiert d.h. vorgebohrt. Die Pilotbohrung muss dabei mindestens denselben Durchmesser besitzen und darf meist nicht größer als 0,01 bis 0,04 mm über dem Tieflochbohrdurchmesser liegen. Das Anfädeln eines angetriebenen Bohrers in die Pilotbohrung erfolgt dabei stehend oder entsprechend langsamdrehend.

Das Tieflochbohren kann auf zwei  grundsätzliche Arten geschehen:

  • einlippig

Beim Einlippenbohren spricht man von einem Voll- oder Aufbohrwerkzeug. Dieses ist in der Regel mit einer oder mehreren sich ergänzenden, auswechselbaren Schneiden (z.B.: HSS/Hartmetall/Cermet) und am Umfang, in Nähe des  Bohrkopfes angebrachten Führungsleisten ausgestattet. Da durch die effektive, einzelne Schneide erhebliche Querkräfte auf das Werkzeug wirken, muss mit den Führungsleisten die notwendige Stützwirkung gegen die Bohrungswand erzeugt werden. Hierbei treten Reibkräfte aufgrund von Flächenpressungen auf, die durch entsprechend hohe Beimengung von Schmiermitteln (>15 %)  in das Kühlschmiermittel (KSS) reduziert werden können. Mittlerweile gibt es auch technische Lösungen mit Abrollelementen, die auftretende Reibung ebenfalls weiter reduzieren können. Dadurch kommt es als positiver Nebeneffekt  auch zu sehr hohen Oberflächengüten der Bohrungswandung, die durch Quetschen und Verdichten, also Umformen, über die Führungselemente erzeugt werden.

Durch das entsprechend hohe Späneaufkommen während des Bohrens, sind hohe Mengen Kühlschmiermittel und große Spanräume notwendig, die einen ungestörten Späneabfluss mittig durch den Bohrer oder konventionell mit außenliegender Spankammer ermöglichen.

Nachteilig auf die Produktivität wirken sich, durch die Reibung,  die geringe Schnittgeschwindigkeit und die geringe Vorschubgeschwindigkeit aus, die aufgrund der Einzelschneide zurückzuführen ist. Durch den Einsatz einer zweiten Schneide kann dies beim Zweilippenbohren unter Wegfall der Führungsleisten kompensiert werden.

  • spiralisiert

Spiralisierte Tieflochbohrer haben den Vorteil der hohen Produktivität. Durch die zwei symmetrisch liegenden Hauptschneiden, die einen hohen Gesamtvorschub ermöglichen,  werden Querkräfte kompensiert und es kommt zu weniger schneidenunabhängigen Reibungskräften beim Bohren, was weiterhin eine Erhöhung der Schnittgeschwindigkeit zulässt.

Außer eines spezielleren Schneidenanschliffs zur besseren Spanbildung und –formung sowie der zur Bohreraufnahme hin größer werdenden, spiralisierten Spankammer, unterscheiden sich diese Bohrer kaum von den kürzeren, konventionellen Bohrern.

Da der gesamte Bohrer meist aus Hartmetall besteht, sind die Werkzeugkosten entsprechend hoch. Durch häufiges Nachschleifen bis zur Mindestlänge kann sich dies auch als Vorteil herausstellen, sofern der Bohrer nicht durch unkontrollierte Prozessbedingungen bricht.

Tieflochbohren

Einlippentieflochbohren
Quelle: Frank Formen-& Werkzeugbau

Beispiel zum Tieflochbohren an einem Demonstratorwerkstück der TU-Chemnitz

Tieflochbohren3

spiralisiertes Tieflochbohren, gerade (oben) und schräg am Beispiel einer Öllochbohrung einer Großkurbelwelle (unten).

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Quellen: NSI/Hertel

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